Bei der Suche nach einem Ausbildungs- oder Studienplatz sind die Eltern wichtige Bezugspersonen. Deshalb will die IHK auch sie besser informieren

Die Eltern sind immer noch die wichtigsten Bezugspersonen und Ratgeber für ihre Kinder, wenn es um die Berufswahl geht. Allerdings können sie manchmal auch die größte Hürde sein, wenn es darum geht, den passenden Beruf zu finden. „Deshalb reicht es nicht, nur die Schüler in den Schulen anzusprechen – wir müssen auch die Eltern mitnehmen“, sagt Daniela Perner, Geschäftsführerin berufliche Bildung bei der IHK Mittlerer Niederrhein.

Über viele Jahrzehnte war es so: Ein Abitur am Gymnasium und ein Studium sind Garanten für ein finanziell sorgenfreies Leben. Der Verdienst steht hier klar vor der Zufriedenheit im Beruf, begründet in der Angst der Eltern, dass ihr Kind nicht den Lebensstandard finanzieren kann, den die Eltern für wünschenswert halten. „Dieses Denken herrscht auch bei vielen Eltern vor, die selbst diesen Weg gegangen sind“, weiß Perner. Das Problem: „Viele Eltern wissen gar nichts von den vielfältigen Möglichkeiten, die eine Ausbildung bietet. Sie schließt ein späteres, möglicherweise auch berufsbegleitendes Studium nicht aus und ist daher keinesfalls eine verlorene Zeit“, betont Perner. Sie ist überzeugt: „Wenn die Eltern besser über die Abschlussmöglichkeiten beispielsweise an Berufskollegs informiert wären, müssten sie sich schon zu Grundschulzeiten weniger Sorgen und ihren Kindern weniger Druck machen.“

Eben dieser Druck kann dazu führen, dass die Jugendlichen ein Studium beginnen – gegen den eigenen Wunsch. Dies wiederum führt laut einer aktuellen Studie zu Abbrecher-Quoten zwischen 20 und 35 Prozent, in manchen Studiengängen sind es fast 50 Prozent. „Wir sehen inzwischen bei vielen Auszubildenden, wenn uns ihre Verträge vorliegen, dass sie 23 oder 24 Jahre alt sind und vorher etwas anderes gemacht haben – nicht selten ein Studium, dass sie dann abgebrochen haben“, ergänzt Perner. Das kann zwei Auswirkungen haben: „Viele sehen einen späteren Start in die Ausbildung, etwa nach einem abgebrochenen Studium, nicht kritisch. Es gibt aber junge Erwachsene, die es als Versagen empfinden – vor allem, wenn sie mehrmals abgebrochen haben.“ Daraus ergibt sich einerseits die Gruppe derjenigen, die mit höherer Motivation in die Ausbildung gehen, jetzt etwas erfolgreich zu Ende zu bringen. „Andererseits gibt es diejenigen, die verlieren, weil sie total verunsichert sind“, weiß Perner. „Daher ist es unser Ziel, die Schüler so gut zu beraten, dass sie nicht abbrechen müssen und beispielsweise nach einer abgeschlossenen Ausbildung noch einmal über ein Studium nachdenken.“

Auch seitens der Ausbildungsbetriebe hat man längst die Bedeutung der Eltern erkannt und darauf reagiert. Viele Firmen laden inzwischen die Eltern zum Ausbildungsstart ein, damit sie die Arbeit und den Arbeitsplatz ihrer Kinder kennenlernen. „Denn die Auszubildenden sind immer noch relativ jung, und die Eltern haben heute stärker die Hand drauf und sind stärker eingebunden als noch vor 20 Jahren“, sagt Daniela Perner. „Das geht bis zu ‚Helikoptereltern‘, die mit ihrem Kind gemeinsam zum Vorstellungsgespräch gehen. Sie sollten sich aber überlegen, welches Signal das an das Unternehmen sendet.“ Andererseits gibt es auch die Eltern, die sich bei der Berufssuche ihres Kindes gar nicht einbringen. „Da müssen wir schauen, wie wir diesen Jugendlichen helfen und sie unterstützen können.“

Tipps an die Eltern:

  • Gut hinsehen, wo die Stärken und Kompetenzen des Kindes liegen.
  • Die eigenen Erwartungen hintenanstellen und hinhören, was der Wunsch des Kindes ist – und letztlich dem Weg des Kindes vertrauen.
  • Einbringen bei der Vorbereitung und der Bewerbung, aber nicht auch noch das Kind ins Gespräch begleiten. Darauf vertrauen, dass es das Kind schon schafft.
  • Den Kindern sagen: Eine Absage ist nicht das Ende, ruhig mehrere Bewerbungsphasen durchlaufen für die Traumstelle – so können sie üben, und es nimmt ihnen den Druck.

Wichtiger Tipp an die Jugendlichen: Die eigenen Wünsche gegenüber den Eltern formulieren, „wenn sie beispielsweise eine Ausbildung und nicht ein Studium beginnen möchten, wenn die Schule eher schleppend lief und sie lieber eine praktische Arbeit in einem Team ergreifen möchten“, sagt Perner. „Aber das erfordert Mut.“