Schule fertig – und nun? Ausbildung oder Studium? Vor dieser Frage stehen jedes Jahr viele Jugendliche, die die Schullaufbahn beenden, sei es mit der mittleren Reife oder dem Abitur. In Gesprächen versucht Monika van Eimern, Berufsberaterin bei der Bundesagentur für Arbeit in Kleve, die Jugendlichen bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen.

Welche Kriterien sind ihm persönlich wichtig für seinen zukünftigen Weg? Was für ein Typ ist der Jugendliche. Bevorzugt er wie für eine betriebliche Ausbildung typisch erst mal mehr praktische Tätigkeiten. Kann er sich aber auch auf ausführende und sich wiederholende Arbeiten einlassen oder bringt er auch nach der Schule die Bereitschaft mit, sich im Studium mit umfangreichen theoretischen Grundlagenfächern zu beschäftigen. Kann er eigenständig im Studium lernen und gleichzeitig auch Unsicherheiten auszuhalten, wenn der berufliche Weg nach dem Studium nicht immer ganz so klar ist?

Aus ihrer Sicht spricht durchaus einiges für eine Ausbildung. „Dafür würde an sich oft ein ordentlicher Mittlerer Bildungsabschluss ausreichen. Arbeitgeber bevorzugen aber oft Schüler von weiterführenden Schulen. Dies sind dann reifer, haben mehr Erfahrung.“ Damit spielt sie auf die Aussage vieler Jugendlicher an, dass sie nur deshalb weiter zur Schule gehen, weil sie mit Abitur mehr Chancen bei der Berufswahl für sich sehen. „Bei Nachfragen aber kommt auch die Antwort: Ich wusste nicht, was ich sonst machen soll“, berichtet van Eimern. Dazu stellt sie klar: „Das Abitur berechtigt erst mal nur zum Studium, es ist die Hochschul-Qualifikation.“ Eine berufliche Qualifikation, wie etwa eine abgeschlossene Ausbildung, ist es nicht und alle Wege stehen einem nach dem Abitur auch nicht offen.“

Gerade Haupt- und Realschülern legt van Eimern eine weitere Option gerne ans Herz, wenn es nicht direkt mit der Ausbildung klappt: die bereits erwähnte Berufsfachschule. „Nicht nur das Gymnasium bietet die Möglichkeit des Abiturs, sondern auch die dreijährige Berufsfachschule.“ Ihrer Erfahrung nach ist es durchaus von Vorteil, „wenn man nach der Schule (Satzteil rausgenommen) den Weg über eine Ausbildung wählt“. Denn mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung ist auch der Druck für die Jugendlichen geringer, falls es mit dem Studium nicht klappt.

Stichwort Abitur: Auch für die Abgänger des Gymnasiums sieht van Eimern eine Ausbildung als interessante Alternative zum unmittelbaren Studium. Denn: „Am Gymnasium wollen mehr als ein Drittel aller Abiturienten nach dem Abschluss ein FSJ oder Work & Travel machen, als Überbrückungsjahr. Wir zeigen ihnen mit einer Ausbildung eine Alternative auf. Wenn sie verkürzen, ist es nur anderthalb Jahr länger als beispielsweise ein FSJ. Sie sind dann motivierter, erfahrener, haben im Studium und danach durch die Berufserfahrung Vorteile.“

Bei vielen Abiturienten sehr gefragt ist das Duale Studium. Van Eimern erkennt durchaus die Vorteile, sieht allerdings auch Kritikpunkte: „Beim Dualen Studium gibt es zu viele Schnittstellen und damit Reibungsverluste. Es fehlt die Berufsschule, dennoch gibt es eine Fachprüfung – die entsprechende Vorbereitung muss zusätzlich erfolgen. Viele Betriebe sehen auch diese Schwierigkeiten, deshalb gibt es deutlich weniger Plätze als Bewerber. Diese müssen dann besonders motiviert und leistungsfähig sein, um den Anforderungen gerecht zu werden. Außerdem haben Sie weniger Wahlmöglichkeiten im Studium“ (Satzteil rausgenommen). Abschließend richtet van Eimern auch noch einen Appell an die Betriebe in der Region: „Das Abitur mit 18 Jahren bietet große Chancen für Unternehmen, die damit verantwortungsbewusst umgehen müssen. Die Bereitschaft von Abiturienten sich für eine betriebliche Ausbildung zu entscheiden wird steigen, wenn Sie adäquat mit Ihren Fähigkeiten im Betrieb eingebunden werden. Sicher nicht immer ein leichter Weg aber bestimmt lohnenswert für beide Seiten“.

Bei einer Ausbildung…

+ arbeitet man von Beginn an in der beruflichen Praxis
+ verdient man sofort eigenes Geld und ist unanhängig von den Eltern
+ bearbeitet man klar definierte Aufgaben
+ sammelt man Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen
+ stehen die Chancen auf eine Übernahme gut
+ gibt es eine festgelegte Ausbildungsdauer; Azubis mit Hochschulreife können möglicherweise verkürzen
+ hat man eine gute Grundlage für ein späteres Studium oder eine Weiterbildung, zum Beispiel zum Techniker oder Fachwirt

sind mitunter viele Routine-Aufgabe zu erledigen; dies erfordert eine gewisse Anpassungsfähigkeit
ist man unter Umständen im theoretischen Teil manchmal unterfordert

Bei einem Dualen Studium…

+ wird Theorie vermittelt, die man im Unternehmen in der Praxis anwenden kann
+ sammelt man Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen und kann Kontakte knüpfen, die später nützlich sein können
+ lernt man verschiedene Unternehmensbereiche kennen
+ hat man beim ausbildungsintegrierten dualen Studium am Ende sowohl den Bachelor-Abschluss als auch eine abgeschlossene Berufsausbildung
+ verdient man meist sofort eigenes Geld
+ stehen die Chancen auf eine Übernahme sehr gut
+ gibt es eine festgelegte Studiendauer, kann aber auch einen Master anschließen

wird eine hohe Motivation gefordert
gibt es nur wenige Wahlmöglichkeiten in Bezug auf die Hochschule
sind die Chancen auf einen Studienplatz geringer
gibt es mitunter viele „Reibungsverluste“

Bei einem Studium…

+ lassen sich bestimmte berufliche Ziele (wie Arzt oder Lehrer) nur darüber erreichen
+ beschäftigt man sich im Beruf mit anspruchsvollen Aufgaben
+ kann man sich intensiv mit einem Fachbereich beschäftigen, für den man sich interessiert
+ stehen die Chancen auf eine gehobene berufliche Position gut
+ verdient man nach dem Abschluss in der Regel mehr als Kollegen mit einer Ausbildung
+ sind die Gehaltssteigerungen meist höher
+ kann man sich – auch durch Praktika – noch während des Studiums auf eine bestimmte Richtung spezialisieren

sind die Anforderungen hoch
ist viel Selbstorganisation gefragt
ist der Anteil der theoretischen Grundlagenfächer sehr hoch